8 graz www.grazer.at JÄNNER 2023 Cybermobbing: „Niemand hat es verdient, beleidigt oder beschimpft zu werden“ Nachrichten am Handy, Postings auf Instagram, Videos auf TikTok: Auch digitales Mobbing kann schwer verletzen – und Folgen haben. WICHTIG. Cybermobbing trifft immer mehr Kinder und Jugendliche hart. Experte Eno Zajic erklärt Hintergründe, wohin man sich im Ernstfall wenden kann und was man zum Schutz unternehmen kann. GETY, AK STMK Von Fabian Kleindienst fabian.kleindienst@grazer.at Eines ist klar: Mobbing ist Gewalt – egal ob in der Klasse, übers Handy mit WhatsApp und Co oder über Plattformen wie TikTok, Instagram oder Discord. Ebenfalls klar: Wer betroffen ist, ist nicht allein. Nicht nur, weil es auch viele Beispiele berühmter Personen gibt, die in ihrer Schulzeit gemobbt wurden (siehe S. 14/15), nein, Schätzungen gehen davon aus, dass mittlerweile bis zu 80 Prozent der Schüler direkt oder indirekt von Cybermobbing betroffen sind. Das berichtet auch Experte Eno Zajic von der Arbeiterkammer Steiermark, der in Schulen im ganzen Bundesland Workshops zu diesem Thema abhält. „Es gibt keine Klasse, in der ich im letzten Jahr war, in der niemand von Cybermobbing, Beleidigungen übers Internet oder Handy, betroffen war“, erzählt er. Im Zuge der Corona-Pandemie habe sich das Problem verstärkt. Viele Ursachen Die Gründe können vielfältig sein. „Oft kommt es zu Beschimpfungen aufgrund der Herkunft oder des Glaubens, der sexuellen Orientierung oder auch aufgrund eines Alleinstellungsmerkmals“, berichtet Zajic. Gerade das, was uns besonders macht und von anderen abhebt, wird dann manchmal Grund für Mobbing. Auch Beeinträchtigungen jedweder Art – „oft reicht schon eine Lernschwäche“ – können Mobbing-Auslöser sein, ebenso wie Geld. Gerade in Zeiten der aktuellen Teuerungen. „Da ist es für viele nicht möglich, teure Markenkleidung und Statussymbole zu beschaffen“, so Zajic. Das Wort „Geringverdiener“ sei oft leider schon zum Schimpfwort geworden, auf der anderen Seite würden Kinder auch als „rich kids“ bezeichnet. „Das kann genauso belastend sein“, erklärt der Experte. Was tun? Seitens der Arbeiterkammer klärt man in Schulen auf, welche Folgen Mobbing haben kann, was Eno Zajic schon dazugehört und wie man sich schützen kann. Zum Beispiel: ☞ Bei Schüler-Whats- App-Gruppen überlegen, wie man mit Administratorenrechten umgeht. Hat die jeder, oder haben sie nur manche – die damit wiederum die Macht haben, andere auszuschließen? ☞ Privatsphäre-Einstellungen: Allgemeine Geschäftsbedingungen durchlesen, überlegen, ob und welche Fotos man postet. „Fotos können ja auch bearbeitet oder verunstaltet werden“, so Zajic. Benachrichtigungen empfiehlt er grundsätzlich auszuschalten. ☞ Menschen, die einen fortlaufend beleidigen, einfach blockieren. ☞ Wenn Mobbing auftritt: Beweise sichern und Screenshots sammeln. ☞ Kontakt zu Eltern, Lehrern, Vertrauenspersonen, Freunden aufnehmen. ☞ Anonym Hilfe suchen kann man bei saferinternet.at oder bei Rat auf Draht (unter der Telefonnummer 147). ☞ „In letzter Instanz kann man auch Anzeige erstatten“, so Zajic. Denn: Cybermobbing ist ein Straftatbestand. Im Extremfällen kann eine jahrelange Haftstrafe die Folge sein. Der Experte rät, sich an die eigenen Eltern zu wenden – vielleicht kann ein klärendes Gespräch mit dem Mobber oder dessen Eltern helfen. „Oft ist den Tätern die Tragweite ihres Handelns nicht bewusst. Das fängt als lustiger Scherz an, wird aber bitterer Ernst“, erklärt Zajic, der einen Wunsch hat: „Gehen wir doch sorgfältig und wertschätzend miteinander um. Wir haben alle unsere Einzigartigkeiten, sind alle wertvoll. Keiner hat es verdient, beleidigt oder beschimpft zu werden.“ Hilfe finden ■ www.saferinternet.at ■ 147 – Rat auf Draht: Notrufnummer ■ Beratungs- und Bildungsangebot der Arbeiterkammer: 05- 7799-2427; bildung@akstmk.at
JÄNNER 2023 www.grazer.at Angebot der Stadt: graz 9 Telefonische Begleitung auf dunklem Heimweg BEGLEITUNG. Mit dem Heimwegtelefon können sich auch Jugendliche nach Hause begleiten lassen, wenn sie sich in der Nacht allein unwohl fühlen: Erreichbar sind die Mitarbeiter unter 0 316/872-2277. Von Fabian Kleindienst fabian.kleindienst@grazer.at Gewalt kommt nicht nur am Schulhof vor, auch unterwegs machen sich viele junge Menschen Sorgen. Gerade auch im Dunkeln, etwa am Heimweg von einer Party, einem Treffen mit Freunden im Park oder einem gemeinsamen Ausflug in ein Lokal. Da kann es schon leicht vorkommen, dass einen ein mulmiges Gefühl beschleicht, gerade wenn man allein unterwegs ist. Die Stadt Graz hat deshalb schon vor einiger Zeit das Projekt des „Heimwegtelefons“ gestartet. Speziell auch für Jugendliche. Auch Infos angeboten Wie das funktioniert? „Das übernehmen die Ordnungswächter, die nach dem steirischen Jugendschutzgesetz auch ausgebildete Jugend-Aufsichtsorgane sind“, berichtet Gilbert Sandner, Leiter des städtischen Sicherheitsmanagements. Freitag, Samstag und vor Feiertagen können Menschen aller Altersgruppen unter 0 316/872-2277 anrufen und sich von der Ordnungswache beruhigen und telefonisch sicher nach Hause begleiten lassen. Oft reicht schon ein Telefonat aus, um ungute Gefühle verschwinden zu lassen. „Im Vorjahr haben das insgesamt 40 Personen in Anspruch genommen – da ist also sicher noch Luft nach oben“, erzählt Sandner. Nach Ende der Corona- Maßnahmen sei jedenfalls aber wieder ein klarer Anstieg des Bedarfs festzustellen gewesen, die meisten Anrufe gehen laut Sandner zwischen 22 und 0 Uhr ein. Der Experte kann auch beruhigen: Tatsächlich geht es laut Sandner bei den Anrufen glücklicherweise kaum um konkrete Vorfälle, sondern tatsächlich einfach um eine Begleitung nach Hause oder zum jeweiligen Treffpunkt. Gerade auch junge Menschen würden das Angebot immer wieder nutzen – es fehlt nur noch an Bekanntheit. Gleichzeitig bietet man ihnen mit dem Heimwegtelefon auch Gilbert Sandner ein besonderes Service: Die Ordnungswache informiert nämlich auch zu Fragen rund ums Jugendschutzgesetz: also ob Alkohol und Zigaretten erlaubt sind, wie lange man gesetzlich schon unterwegs sein darf und mehr. Das Heimwegtelefon, es ist ein gemeinsames Projekt der Ordnungswache mit dem Amt Im Dunkeln am Heimweg allein – da kann man auch mal Angst bekommen. In Graz gibt es dafür das Angebot des „Heimwegtelefons“, gerade auch für junge Menschen. GETTY, STADT GRAZ/FISCHER für Jugend und Familie, führte Graz schon 2016 ein – als erste Stadt Österreichs. So sollte niemand mehr ein mulmiges Gefühl am Heimweg haben müssen. Wichtig und beruhigend zu wissen: In brenzligen Situationen verständigt die Ordnungswache sofort die Polizei. Die kann dann schnell tätig werden. Wer sich nachts Sorgen macht, kann 0 316/872-2277 anrufen. STADT GRAZ
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