2 die seite zwei www.grazer.at 5. SEPTEMBER 2021 E D I T O R I A L von Tobit Schweighofer ✏ tobit.schweighofer@grazer.at Wählen für Fortgeschrittene D emokratische Wahlen wie die Grazer Gemeinderatswahl sind im Prinzip ja sehr einfach. Jeder, der dazu berechtigt ist, gibt jener Partei seine Stimme, die ihn am meisten überzeugt, und am Ende wird abgerechnet. Manchen ist das aber zu simpel, sie praktizieren Wählen für Fortgeschrittene: dabei gibt man nicht jener Partei seine Stimme, die man am überzeugendsten findet, sondern geht taktisch vor. Ein Grün-Wähler könnte zum Beispiel seine Stimme der SP geben, um die Roten in den Stadtsenat zu bringen und so eine linke Dreierkoalition zu forcieren, oder umgekehrt könnte ein VP-Sympathisant bei den Neos sein Hakerl machen, damit diese nicht aus dem Gemeinderat fliegen. Um nur zwei von vielen Taktierereien zu nennen. Fakt ist aber auch: Wer taktisch wählt, muss Frust einkalkulieren. Denn es ist völlig unabsehbar, welche Parteien einander nach der Wahl finden werden. Es sind viele Koalitionen – zu zweit und vor allem zu dritt – möglich, sowohl SP als auch die Neos kann man sich als Zünglein an der Waage in einer rechten und einer linken Koalition gleich gut vorstellen und am Ende hat man womöglich lediglich eine Partei gestärkt, die man nicht für die beste hält. Vielleicht ist es also doch besser, ganz simpel seinen Favoriten zu wählen und taktische Wahlgeplänkel lieber den Politikern zu überlassen. Tobit Schweighofer, Chefredakteur SONNTAGSFRÜHSTÜCK MIT ... ... Kabarettist Josef Hader Josef Hader, auch Filmschauspieler, Regisseur, Autor, frühstückte in unserer Redaktion. Kleiner Kaffee, mehr nicht, Hader erzählt, warum. Einen Kaffee, mehr gibt’s nicht? Daheim ist es zuerst Tee. Ingwertee ist gut, wenn am Vorabend Programm war. Dann Wasser und Kaffee. Bin nicht so der Frühstücker, esse lieber später, dann Joghurt. Eigentlich esse ich nicht viel. Ganz wenig Fleisch. Ich bin eher hager, allerdings jetzt schon etwas verschrumpelt: Liga Zwetschenkrampus. 17 Jahre ist es her, als 2004 ein neues Programm kam, warum so eine lange Pause? Ich war lange in einer Filmphase, habe viele Rollen angenommen und dann endlich meinen ersten eigenen Film als Regisseur gemacht. Das war die „Wilde Maus“. Ich habe bei der vielen Filmarbeit viel gelernt, ich kam ja als Quereinsteiger zum Film. Das Programm wurde 2020 geschrieben, im Jahr der Corona-Lockdowns. Ich hatte 2020 als Schreibjahr schon vor Corona geplant und nahezu keine Termine ausgemacht. Als der Lockdown kam, musste ich nicht, wie andere, viele Termine verschieben oder absagen. Ich war in dem Jahr privilegiert, ich konnte schreiben. „Ich habe Freude an Grauslichkeiten“, wurden Sie in einer Zeitung zitiert ... Das geht auf große Vorbilder wie Helmut Qualtinger oder Gerhard Polt zurück, die noch richtiges Volkstheater machen. Es geht um menschliche Abgründe und darum, dass Polt oder Qualtinger sichtbar Freude am Darstellen der Abgründe haben. Eine Freude, wie sie etwa Insektenforscher haben, wenn sie eine neue Spezies gefunden haben. Diese großen Vorbilder sind Menschenforscher. Bei „Hader on Ice“ gibt es eine Regisseurin? Ja, ich arbeitete da wieder mit Petra Dobetsberger zusammen. Lange Zeit schreibt man allein am Programm und muss dann irgendwann raus aus dieser Blase. Man will das Erarbeitete anderen Menschen zeigen, um zu sehen, ob der Text verstanden wird. Dafür gibt es die Proben mit der Regisseurin, sie hilft Josef Hader auf einen Kaffee beim „Grazer“ KK mit, das Programm auf die Bühne zu bringen. Graz war von „Hader on Ice“ begeistert ... Ich spiele gerne im Orpheum. Das ist für mich das ideale Haus und eine meiner Lieblingsspielstätten. Selbst bei vollem Haus sind die Leute nicht weit weg von der Bühne. Die Technik, das Hausteam, alles ist gut. Graz ist aber nicht Ihr Lebensmittelpunkt? Nein, der liegt in Wien. Vor allem arbeitstechnisch, und das schon, seit ich 19 bin. Ich bin aber öfter in Graz, auch wenn ich nicht auftrete ... Wir leben in komischen Zeiten, die Menschen fühlen sich von vielen Seiten bedroht. Ja, und auch das hat mich zum Schreiben des neuen Programms motiviert. Ich wollte die Zeit einfangen und aufspießen. Hader on Ice ist der Versuch, die verrückte Zeit auf die Bühne zu bringen. Gibt es auch neue Filmpläne? Ich arbeite an einem Filmprojekt. Ein eigener Film wieder, er könnte im Frühsommer 2022 verfilmt werden. Im Februar werden Sie 60, sind schon große Auszeichnungen im Anflug? Nein, Preise fürs Lebenswerk würde ich noch nicht wollen. Wenn ich 95 bin, das wäre was anderes. Sind Sie mit „Holiday on Ice“ zufrieden? Ich bin zufrieden und ich spiele es sehr gerne. VOJO RADKOVIC Josef Hader, am 14. Februar 1962 in Waldhausen in OÖ geboren, ist Kabarettist, Schauspieler, Regisseur und Autor. Seit den 1980er Jahren ist Hader einer der populärsten Kabarettisten des Landes, der auch als Hauptdarsteller und Drehbuchautor für einige der erfolgreichsten österreichischen Filme mitverantwortlich war. 2017 gab er mit „Wilde Maus“ sein Debüt als Filmregisseur. Das neue Programm „Hader on Ice“ gibt es im Grazer Orpheum am 11. und 12. 9., am 17. 10. und am 10. 11.
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