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29. April 2018

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10 graz www.grazer.at 29. APRIL 2018 „Zur staatlichen Allmacht sind wir IM DOPPEL. Zum Tag der Arbeit am 1. Mai und jenem der Arbeitgeber am 30. April diskutieren WK-Präsident Josef Herk und AK-Präsident Josef Pesserl über die aktuellen Herausforderungen in der steirischen Arbeitswelt. Von Tobit Schweighofer tobit.schweighofer@grazer.at In unserer Arbeitswelt befindet sich derzeit vieles im Umbruch. Unter anderem steht ja die Auflösung der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt AUVA im Raum. Was halten Sie von dieser Entwicklung? Herk: Grundsätzlich bekenne ich mich zum Leitsatz „Evolution statt Revolution“. Die AUVA einfach so abzuschaffen, kann nicht der richtige Zugang sein. Auch wenn Arbeitsunfälle nur mehr zehn Prozent aller Unfälle ausmachen, muss man immer das Gesamtbild betrachten, alle Strukturen ansehen, genau evaluieren und dann an den Markt anpassen. Natürlich kann man das auch in diesem Fall tun, manche Aufgabenbereiche der AUVA, wie zum Beispiel die Entgeltfortzahlung, kann auch jemand anders machen. Pesserl: Die Allgemeine Unfallversicherung mit ihren Unfallkrankenhäusern und REHA- Einrichtungen erbringt für die Betriebe, für die Beschäftigten, für Schüler und Studenten, für freiwillige Helfer eine unglaublich wertvolle Leistung mit höchster Qualität zu sehr geringen Beiträgen. Würde es sie nicht geben, müsste man sie erfinden. Es gibt überhaupt keinen sachlichen Grund, diese Einrichtung zu zerschlagen. Ein anderes, viel diskutiertes Thema ist die Einführung des Zwölf-Stunden-Tages. Wie stehen Sie dazu? Pesserl: Arbeitsmedizinische Studien belegen eindeutig, dass Arbeitszeiten über acht Stunden täglich die Gesundheit der Menschen beeinträchtigen. Die Verletzungsgefahr steigt, die Leistungsfähigkeit sinkt und die Ausfälle durch Krankheit nehmen zu. Ein genereller Zwölf-Stunden-Tag wäre betriebswirtschaftlich ein Unfug und volkswirtschaftlich wie sozialpolitisch ein Rückschritt. Wir lehnen den generellen Zwölf- Stunden-Tag daher kategorisch ab. Herk: Es geht ja nicht da rum, jeden Tag zwölf Stunden zu arbeiten, sondern um flexible Arbeitszeiten. Das entspricht ja auch unserem derzeitigen Lebensgefühl. Das eigenverantwortliche Denken muss vorangetrieben werden, das heißt a u c h , d a s s d i e Menschen selber einschätzen sollen und dürfen, wann sie wie viel arbeiten müssen, damit sie ihre Leistung gut erbringen können. Es gibt Überlegungen, die Pflichtmitgliedschaften in den Kammern aufzulösen. Was halten Sie davon? Herk: Die Selbstverwaltung ist keine Pflicht, sie ist vielmehr ein wohlerworbenes Recht. Ein Recht, das mir als Unternehmer sehr am Herzen liegt. Kammern sind mit ihrer gesetzlichen Mitgliedschaft und der demokratischen Wahl ihrer Repräsentanten nämlich auch ein Gegenpol zur staatlichen Allmacht. Bewertet uns doch nach unseren Leistungen. Wir können da ehrlich stolz sein. Außerdem haben wir für 2019 aus eigener Kraft ein Reformpaket geschnürt, das 100 Millionen Euro Einsparungen bringt. Pesserl: Für eine starke Arbeiterkammer, die für ihre Mitglieder etwas ausrichten kann, ist ein bestens qualifizierter Stab an Experten unverzichtbar. Dies ist nur durch eine gesicherte und planbare Finanzierung möglich. Diese wirkungsvolle Vertretung der Arbeitnehmerinteressen ist nur deshalb mit einem so geringen Mitgliedsbeitrag möglich, weil durch die gesetzliche Mitgliedschaft alle Beschäftigten einen Beitrag leisten. Aber auch Lehrlinge, geringfügig Beschäftigte, Arbeitslose oder Präsenzdiener – in Summe österreichweit rund 800.000 Mitglieder – , die keine AK-Umlage zahlen, erhal- AK-Präsident Josef Pesserl (l.) ist strikt gegen den Zwölf- Stunden-Arbeitstag. AK

29. APRIL 2018 www.grazer.at graz 11 der Gegenpol!“ ten die volle Leistung. Was sind denn aus Arbeitnehmersicht die größten Herausforderungen in nächster Zeit? Pesserl: Es gibt eine Vielzahl an Herausforderungen, beispielhaft möchte ich eine herausgreifen: Im Zuge der Digitalisierung werden sich die Arbeitswelt und die Anforderungen an die Menschen dramatisch verändern. Wir müssen gemeinsam alle Anstrengungen unternehmen, um die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen zu schaffen, damit von dieser Entwicklung alle Menschen profitieren. Die Welt verändert sich rasant. Die USA, China und die EU befinden sich im Wettstreit um die Wirtschaftsvormacht. Wie wirkt sich das auf das Exportland Steiermark aus? Herk: Für uns sind das natürlich ganz essenzielle Märkte. Jeder zweite Euro wird in der Steiermark über den Export gemacht. Sanktionen und Strafzölle sind aus meiner Sicht bestimmt nicht der richtige Weg. Man sollte ganz im Gegenteil über Handelsabkommen zueinanderfinden. Solche Abkommen haben ja auch friedenstiftenden Charakter. Aber natürlich sind wir da nur Zuschauer, auch wenn der Glaube daran, dass die Vernunft siegt, derzeit leider schwerfällt. WK-Präsident Josef Herk tritt für eigenverantwortliches Denken ein. SCHERIAU

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