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25. Dezember 2021

- Graz schafft die Feinstaubziele - Interview mit Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer - Szene-Gastronom eröffnet zwei neue Lokale in Graz - Grazer Prominente erinnern sich an das Weihnachten ihrer Kindheit - Grazer Forscher machen CO2 nützlich

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2 die seite zwei www.grazer.at 25. DEZEMBER 2021 E D I T O R I A L von Tobit Schweighofer ✏ tobit.schweighofer@grazer.at Von Weihnacht, Wissenschaft und Wertverlust D urch die Pandemie haben wir nicht nur tiefe Gräben zwischen uns gerissen, sondern obendrein einige unserer Werte verloren. Dies beklagt zumindest Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer im Gespräch mit dem „Grazer“ (siehe Seite 6). Und tatsächlich sind wir derzeit ausgesprochen misstrauisch und stellen die Grundfesten unserer Gesellschaft prinzipiell unter Generalverdacht. Laut einer Eurobarometer-Umfrage sind mehr als 50 Prozent der Österreicher der Meinung, dass Wissenschaft in ihrem Leben keine große Rolle spiele. Nur 47 Prozent der Befragten glauben, dass Wissenschaftler ehrlich sind. Dies ist übrigens bei weitem nicht überall so: In Portugal zum Beispiel gehen 77 Prozent von ehrlichen Wissenschaftlern aus. Auch an die Politik glauben wir nicht: Laut dem Politologen Peter Filzmaier ist das Vertrauen in die Regierung gleich bei 75 Prozent nicht mehr vorhanden. Doch Misstrauen ist nicht „gesund“, wie der Volksmund zu wissen glaubt. Ganz im Gegenteil: Misstrauen macht krank und paranoid. Und das Ergebnis sehen wir derzeit auf unseren Straßen. Vielleicht können wir die Feiertage dafür nutzen, um uns darüber Gedanken zu machen, woran wir glauben, und uns nicht ständig damit zu beschäftigen, wer uns aller belügen und über den Tisch ziehen könnte. Dann wären wir der Idee von Weihnachten schon ein großes Stück näher. Tobit Schweighofer, Chefredakteur SONNTAGSFRÜHSTÜCK MIT ... Zu Hause frühstückt Generalvikar Erich Linhardt kaum, dafür an den unterschiedlichsten Orten – auch zur Weihnachtszeit. KATHOLISCHE KIRCHE STEIERMARK ... Erich Linhardt Der Generalvikar der Diözese Graz-Seckau spricht über die Bedeutung von Weihnachten, private Freuden und die Spaltung der Gesellschaft. Bei aller Besinnlichkeit sind der Advent und die Weihnachtszeit für viele Menschen Zeiten des Hochbetriebs. Kommen Sie da eigentlich zum Frühstücken? Ja, aber meine Frühstücksorte sind sehr unterschiedlich. Meistens feiere ich in der Früh in Klöstern von geistlichen Schwestern die Heilige Messe, manchmal in der Bischofskapelle, samstags im Dom. Das Frühstück gibt es dann immer anschließend, zu Hause frühstücke ich fast nie. Was muss, wenn, am Tisch stehen? Zu einem guten Frühstück gehören für mich Kaffee, „lange“ Semmeln, Butter, Schinken, Käse oder Wurst und ab und zu auch ein weich gekochtes Ei. Wie begehen Sie eigentlich die Feiertage? Da ich als Generalvikar für keine Pfarre speziell zuständig bin, habe ich heuer in Turrach, Predlitz, Stadl und St. Ruprecht bei Murau ausgeholfen und dort die Weihnachtsmessen gefeiert. Was bedeutet Weihnachten für Sie persönlich? Der große Theologe Karl Rahner sagte, frei wiedergegeben, zu Weihnachten feiern wir, dass Gott sein größtes Wort gegeben hat. Nämlich: Ich liebe dich, du Mensch, ich liebe dich, du Welt. Das hat er bewiesen, indem er Mensch geworden ist. Die Liebe Gottes ist allem und jedem gegenüber eine Wirklichkeit. Wenn wir sie leben, verändert das uns und die Welt. Wir sind in Schwierigkeiten nicht allein gelassen. Immer wieder wird davon gesprochen, dass das vergangene Jahr eine Spaltung in die Gesellschaft gebracht beziehungsweise eine schon vorhandene vergrößert hat. Wie sehen Sie diese Entwicklungen – und was braucht es, um das Verbindende wieder hervorzustellen? Die auftretende Spaltung kann nur durch Dialog, durch das Hinhören auf andere, durch deren Ernstnehmen – auch wenn er oder sie eine von mir nicht geteilte Ansicht hat – und durch das Im- Gespräch-Bleiben überwunden werden. Niemals durch Ausgrenzung Andersdenkender. Diese Haltungen muss die Kirche als Heilung für Spaltungen „leben“. Nun steht auch der Jahreswechsel bevor. Was kann man Ihrer Ansicht nach aus dem alten Jahr lernen und was wird im neuen wichtig werden? Immer intensiver die Liebe zu leben und ihr zum Durchbruch in der Welt zu verhelfen. Wo finden Sie eigentlich privat Ihren Frieden – und was macht Ihnen Freude? Das Private und das Dienstliche ist für mich nicht zu trennen. Frieden und Glück finde ich in der Gottesbeziehung und im Weitergeben der Liebe an andere. Freude habe ich am Lesen, am Besuch von Museen und Sehenswürdigkeiten und – aber dafür bleibt leider zu wenig Zeit – am geschichtlichen Forschen. Zum Schluss noch eine persönliche Frage: Wie kamen Sie zur Kirche? Zur Kirche kam ich schon als Kind. Kurz vor meinem siebten Geburtstag durfte ich zu ministrieren beginnen, von diesem Zeitpunkt an ist die Verbindung zur Kirche nie mehr abgebrochen. FABIAN KLEINDIENST Erich Linhardt wurde 1956 in Unterpremstätten geboren und wuchs in Tobelbad auf. Er studierte Theologie, Geschichte und Kunstgeschichte in Graz und wurde 1990 zum Priester geweiht. Von 2008 bis 2015 war er Dechant des Dekanats Voitsberg, schon 1999 gründete er die Notschlafstelle in der weststeirischen Stadt. Seit 2015 ist er als Generalvikar Stellvertreter von Bischof Wilhelm Krautwaschl und verantwortlich für Personal und Verwaltung in der Diözese Graz-Seckau.

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