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23. Juni 2024

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- EU-Gesetz wirkt sich auf Graz aus - Sportlegenden mit ihren EM-Tipps - Jugenddialog im Rathaus

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graz 18 www.grazer.at 23. JUNI 2024 Runder Tisch „Junge Menschen holen sich EXPERTENTALK. Die Jugendsprecher von vier Landtagsparteien (SPÖ, ÖVP, Grüne und Neos) sprachen beim vom „Grazer“ moderierten Runden Tisch über das Politikinteresse der jungen Generation, Bildung sowie Strafalter und Jugendkriminalität. Einig waren sich die Experten, dass die heutige Generation die politischste seit langem ist. Von Sabrina Naseradsky sabrina.naseradsky@grazer.at Viele Themen brennen den jungen Menschen unter den Nägeln. Beim jüngsten Runden Tisch diskutierten Anna Binder, Jugendsprecherin der Grünen Jugend, Antonia Herunter, Landesobfrau der JVP Steiermark, Jonathan Kaspar, Vorsitzender Sozialistische Jugend Steiermark, und Helene Paar, Vorsitzende der Junos Steiermark, über Politik, Bildung, Jugendkriminalität und Strafalter sowie psychische Gesundheit. Politik Der Generation Z wird kein besonders großes Interesse an Politik nachgesagt. Man unterstellt ihr sogar eine gewisse Politikverdrossenheit. „Die Jugend ist definitiv politisch. Sie holt sich die Informationen nur teilweise woanders. Auf anderen Plattformen wie zum Beispiel TikTok. Wir merken dort einen starken Zuwachs, denn die jungen Menschen verbringen dort Zeit“, weiß Anna Binder. Und ergänzt: „Sie holen sich die Infos nicht mehr bei klassischen Medien wie Standard und Co, sondern sie gehen auf diese Plattformen.“ Ein großes Problem stellen auf den Plattformen auf jeden Fall Fake News dar, die sich rasend schnell verbreiten können. Hier sind sich die Jugendexperten einig, dass die Politik die Rahmenbedingungen schaffen muss, dass sich solche Nachrichten nicht mehr verbreiten können. Denn auf den von Jugendlichen bevorzugten Social- Media-Plattformen muss alles sehr schnell gehen. Man hat maximal 60 Sekunden Zeit. Und dann passiert es oft, dass komplexe Themen sehr vereinfacht dargestellt werden. Viele Junge schauen auch auf Influencer, die oftmals ein falsches Bild der Realität vermitteln. „Ich finde eigentlich, dass wir die politischste Generation seit langem sind. Gerade, weil wir so viel damit konfrontiert sind. Die Jugendli- www.grazer.at präsentiert chen informieren sich ja, sie holen sich ihre Informationen auch aktiv. Die Medien kommen mehr zu ihnen, als dass ich sie mir holen muss. In den Sozialen Medien wird man regelrecht bombardiert. Da ist Populismus eine noch größere Gefahr“, erklärt Helene Paar. Jonathan Kaspar: „Was man schon auch merkt, wenn man mit jungen Menschen redet, ist, dass die Meinungen oft schon gefestigt sind. Das hat sich schon verändert, dass viele Leute mit einer gefestigten Meinung kommen und sich diese eher nur bestätigen lassen. Was ich vor allem sehe, ist, dass es vor allem die rechten Bewegungen schaffen, diesen Diskurs kurz zu halten und auf diese Medien einzugehen. Hier muss man sehr vorsichtig sein.“ Antonia Herunter ergänzt: „Das Radikalisierungspotenzial im Netz ist sehr groß. Wir haben das alle schon einmal erlebt, wie schnell der Algorithmus in eine Richtung manipuliert ist. Mir kommt aber auch vor, dass ein Großteil der Jungen sich mit grundlegenden Themen beschäftigt. Die Tendenz zu Ideologie nimmt aus meiner Sicht ab. Aber man ist auch immer ein Kind seiner Zeit. Die bestimmenden Themen sind: Wie finanziere ich mein Leben? Was sind meine Zukunftschancen?“ „Die Menschen haben kein Vertrauen mehr in die Politik. Man sieht nur mehr, dass die Politik nicht mehr an einem Strang zieht. Von dieser Spaltung profitieren Extreme, und gegen diese Spaltung müssen wir aktiv vorgehen“, findet Paar. Bildung Doch wie kann man dem Populismus im Netz entgegenwirken? Braucht es einen Medienkompetenzunterricht an den Schulen? „Die Politik, und da möchte ich jetzt wirklich alle in einen Topf schmeißen, spricht immer davon, dass das Bildungssystem reformiert werden muss und dass die Leute auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts vorbereitet werden müssen. Das wird aber nicht gemacht“, findet Binder. „Ich finde, hier wurde ein wichtiges Thema angesprochen. Die Jugend ist definitiv politisch. Sie holt sich nur die Informationen woanders.“ Anna Binder, Landessprecherin der Grünen Jugend Das Radikalisierungspotenzial im Netz ist aus meiner Sicht sehr groß.“ Antonia Herunter, Landesobfrau der JVP Steiermark

23. JUNI 2024 www.grazer.at graz 19 ihre Informationen im Netz“ Jonathan Kaspar (Sozialistische Jugend), Anna Binder (Grüne Jugend), Antonia Herunter (JVP) und Helene Paar (Junos, v. l.) diskutierten mit Sabrina Naseradsky und Gerhard Goldbrich vom „Grazer“ über die Politisierung der Jugend, das Bildungssystem und die Strafen bei Jugendkriminalität. BENJAMIN GASSER (5) Wir sind zum Beispiel für die Einführung des Fachs Demokratie. So sollen den jungen Menschen in den Schulen wieder demokratische Werte vermittelt werden. Bahnbrechende Reformen sind in den letzten Jahren leider ausgeblieben“, so Paar. „Europa war ja immer so erfolgreich, weil wir innovativ waren. Alle Parteien sind sich einig, dass sich was ändern muss, aber keiner greift das Thema an“, ärgert sich Anna Die rechten Bewegungen schaffen es, den Diskurs kurz zu halten.“ Jonathan Kaspar, Vorsitzender Sozialistische Jugend Binder. „Bei einer Schuldiskussion wurde die Frage gestellt: Was besser machen am Schulsystem? Es muss einem bewusst sein, dass die Lehrpläne voll sind, und alles, was wir zusätzlich machen, geht auf Kosten anderer Fächer. Da muss man sich anschauen, was ist noch sinnvoll und braucht man zum Beispiel für ein Studium, und was kann man weglassen. Denn am Ende des Tages hat eine Schulwoche eine begrenzte An- Junge Menschen sind die politischste Generation seit langem und holen sich aktiv Infos.“ Helene Paar, Vorsitzende der Junos Steiermark zahl an Stunden“, erklärt Herunter. „Wir haben eines der teuersten Bildungssysteme mit wenig Output“, so Binder. „Wir haben mit den Deutschförderklassen gesehen, wie es nicht geht. Bildung ist ein gutes Präventionsmittel gegen Jugendkriminalität. Hier kann man vorbeugend viel machen“, ist sich Kaspar sicher. Und ergänzt: „Man lernt sehr viel nur für Prüfungen. Daher ist unserer Ansicht nach die Matura als Knock-out-Prüfung am Ende der Schule überholt.“ Kriminalität Bildung als Präventionsmaßnahme ist ein Mittel gegen Jugendkriminalität. Doch was kann man noch machen? „Man muss den jungen Menschen Chancen geben, ihnen zuhören und ihre Ängste und Nöte ernst nehmen. Und man darf sie nicht schlechter behandeln, weil sie etwas vermeintlich Schlimmes getan haben“, ist Anna Binder überzeugt. „Man muss sich auch bewusst sein, dass bei vielen Jugendlichen eine Perspektivenlosigkeit herrscht. Dann ist die Gefahr groß, dass man in die Kriminalität rutscht“, erklärt Jonathan Kaspar. „Was auch vernachlässigt wurde, sind Psychologen und Sozialarbeiter an den Schulen, wo sie gebraucht werden. Es bringt nichts, das Strafalter runterzusetzen, wenn wir nichts gegen die Ursachen machen“, kritisiert Helene Paar. „Ob die Herabsetzung des Strafalters etwas bringt, weiß ich nicht, da ich keine Juristin bin. Was man aber schon sieht, ist, dass Banden oftmals Jüngere rekrutieren, da diese nicht strafmündig sind. Da muss angesetzt werden“, weiß Antonia Herunter.

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