12 graz www.grazer.at 21. JÄNNER 2018 S E R V I C E Leser Briefe redaktion@grazer.at Individual-Mobilität Zum Kommentar „Hysterisch gehen wir vor die Hunde“: Um auf Ihren Kommentar zu kommen, er gefällt mir sehr gut, nur zum Ansatz, auf E-Autos zu setzen, die die Luft nicht mehr verschmutzen, muss ich (speziell als Langgedienter in Engineering und Projektleitung im Anlagenbau und Automotive) Ihnen leider Ihren Optimismus nehmen: Alleine in der Batterie eines E- Automobiles der heutigen (und morgigen) Generation steckt so viel CO 2 , wie es ein Dieselauto (samt Herstellung) über die Lebensdauer nicht auszustoßen vermag, ohne zudem zu reflektieren, wo und wie das dafür erforderliche Lithium herkommt und welche Ladeinfrastruktur erforderlich wäre, so eine eklatante Mehrheit (schon gar nicht alles) E-Fahrzeuge wären. Und wenn ich mir das „Statistik-Jahrbuch der Fahrzeugindustrie“ entspannt ansehe und feststelle, dass im Jahr 1980 2,2 Mio. Fahrzeuge in Österreich zugelassen waren und im Jahr 2010 bereits 4,4 Mio. (und das bei bei Weitem nicht verdoppelter Infrastruktur wie Straßen und Parkplätzen ...) so würde ich, der sogar einen Gutteil seines Geschäftsfeldes in der Autoindustrie hat, meinen, dass wir künftig vielleicht doch (zumindest auch) andere Wege als jenen der Individualmobilität beschreiten müssen, so wir uns nicht selbst im wahrsten Sinne des Wortes die Luft abschneiden wollen. Hans Dietmar, Graz * * * Nur reine Panikmache Ich halte überhaupt nichts von der Panikmache der Wirtschaftskammer, dass die angebliche Verbannung der Autos aus den Innenstädten zu einem Verlust der Lebensqualität führen würde. Zunächst einmal geht es nicht darum, Städte autofrei zu machen, sondern es geht um eine Reduktion des privaten Kfz-Verkehrs zugunsten der sogenannten „sanften Mobilität“. Der Ausbau von ÖV- und Radwegenetzen muss also kontinuierlich voranschreiten. Mir ist keine Stadt bekannt, die in diesem Bereich sinnvolle Maßnahmen umgesetzt, den Autoverkehr reduziert und deshalb an Lebensqualität verloren hätte oder gar ausgestorben wäre. Tatsächlich ist immer das Gegenteil der Fall. Moderne Verkehrsplanung wird durch Begriffe wie „Road Diets“, „Copenhagenization“ oder „Straßenbahn-Renaissance“ geprägt. Stefan Kompacher, Graz * * * Ohne Auto geht es nicht Zum Bericht „Wir sind Auto“ vom letzten Sonntag: Bislang hörte ich immer nur das Klagen über die vielen Autos in der Stadt, die alles verpesten und Feinstaub verursachen und die man endlich aus der Stadt verbannen möchte. Ich finde es gut, dass hier auch ein anderer Standpunkt vertreten wurde. Autos sind ein Wirtschaftsfaktor und eine Stadt wie die unsere kann froh sein, einen Autocluster und das Werk Magna zu haben. Autos aus Graz gehen um die Welt. Jetzt wird auch wieder viel von Fahrverbot gefaselt. Man müsste bedenken, dass die öffentlichen Verkehrsmittel bei uns derzeit nicht in der Lage sind, sollten alle Grazer auf die Öffis umsteigen, den Ansturm zu bewältigen. Und das mit den E-Autos wird noch eine Zeitlang dauern. Die Autohersteller sind jetzt derart unter Druck, dass sogenannte „Stinker“ sowieso nicht mehr produziert werden. Graz ist eine Autostadt, die es sicher besser machen wird als zum Beispiel Detroit. Keine Angst. Maria Bauer, Graz * * * Besitzer entscheidet Zum Bericht „Viel Wirbel um eine Villa“: Wenn in Graz eine alte Villa abgerissen werden soll, gibt es stets einen Aufschrei, vor allem von Anrainern. Fakt ist aber, die Villa wurde samt Grundstück verkauft, und was der Besitzer damit macht, ist ausschließlich seine Sache. Günter Binder, dzt. Graz Hab und Gut TOLL. Das GrazMuseum sucht einen Paten für die Innungstruhe der Lebzelter, die das Selbstbewusstsein der Zunft ausdrückt. Von Verena Leitold verena.leitold@grazer.at Das GrazMuseum sucht wie berichtet gerade nach Paten für die verschiedensten Ausstellungsobjekte. In den nächsten Wochen präsentieren wir ein paar davon – nach dem Stadtrichterbild ist heute die Innungstruhe der Grazer Lebzelter aus dem Jahr 1744 dran. Im Mittelalter herrschte in der Stadt Zunftzwang: Nur Mitglieder der jeweiligen Zünfte durften das Handwerk ausüben, und die Bürger waren verpflichtet, nur bei zünftigen Handwerkern zu kaufen und arbeiten zu lassen. In ihren Zunft- oder Innungstruhen wurden wichtige Dokumente und Wertobjekte aufbewahrt, außerdem spielten sie eine wichtige Rolle bei Zeremonien und Amtshandlungen. Die Lebzelter arbeiteten und handelten mit Honig. Sie stellten Kerzen aus Bienenwachs und Lebkuchen her und genossen ein Sonderrecht zum Sieden von Met. Dieses ermöglichte ihnen ein zusätzliches, sehr einträgliches Geschäft. Die reichen Verzierungen auf der Innungstruhe zeugen vom Wohlstand der Zunftmitglieder: Mit verschiedenen Hölzern wurden detaillierte Muster gelegt. Auf dem Deckel befindet sich eine Ansicht der Stadt Graz von Westen, im Inneren ist die Dreifaltigkeit zu sehen. An den Seiten erkennt man einen intarsierten steirischen Panther sowie einen Engel und floralen Schmuck. Die Truhe besitzt zwei Mittelschlös-
21. JÄNNER 2018 www.grazer.at graz 13 der Zunft in einer Truhe ser, zwei Tragegriffe und vier Prankenfüße. Am Unterteil gibt es auf beiden Seiten herausziehbare und versperrbare Schubladen. In ihrer Innungstruhe bewahrten die Grazer Lebzelter etwa die Handwerksordnung auf, die 1597 von Ferdinand II. erlassen und mehrmals – zuletzt von Maria Theresia – bestätigt wurde. Darin waren die Rechte und Pflichten der Zunftmitglieder festgelegt. Im GrazMuseum ist außerdem eine Fahnenstangenbekrönung der Lebzelterinnung, die ebenso wie die Innungstruhe Ausdruck des Selbstbewusstseins der Lebzelterzunft ist. Die Darstellung ist eine Nachahmung einer „Maria vom Siege“, die ihren Fuß auf eine Schlange setzt und damit über das Böse triumphiert. Doch statt auf der Erdkugel steht Maria hier auf einem Bienenkorb. Die Lilie verweist als Symbol der unbefleckten Empfängnis auf Reinheit. Videorundgang auf www.grazer.at Die Innungstruhe der Grazer Lebzelter wurde mit Holzeinlegearbeiten reichlich verziert. GRAZMUSEUM/PRNJAVORAC
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