14 graz www.grazer.at 17. NOVEMBER 2024 „Wer mehr leistet, sollte sich auch mehr leisten können“ Landeshauptmann Christopher Drexler erwartet ein Duell mit der FPÖ um den Sieg bei der Landtagswahl. „Ich bitte all jene um ihre Stimme, die keinen blauen Landeshauptmann wollen.“ SCHERIAU IM GESPRÄCH. Landeshauptmann und ÖVP-Spitzenkandidat für die Landtagswahl Christopher Drexler über das Duell mit der FPÖ, Kopftuchverbote und die Zusammenarbeit mit der Grazer Regierung. Von Tobit Schweighofer tobit.schweighofer@grazer.at N ach den Umfragen für die Landtagswahl, in denen die FPÖ vorne liegt, haben Sie den Zweikampf mit den Freiheitlichen ausgerufen. Haben Sie Ihren Koalitionspartner, die SPÖ, dabei vergessen? Christopher Drexler: Nein, natürlich nicht, aber es zeichnet sich allen Prognosen zufolge ein Duell um die erste Position zwischen der Volkspartei und den Freiheitlichen ab, und daher glaube ich auch, dass man von einem Duell sprechen kann. Und ich lade all jene, die keine blaue Mehrheit, die keinen blauen Landeshauptmann in der Steiermark wollen, ein, gerade deswegen uns und mir ihre Stimme zu geben oder auch bloß zu leihen. Das heißt, für Sie ist die SPÖ eigentlich schon aus dem Rennen? Drexler: Ich denke, dass es wirklich ein Duell um den ersten Platz geben wird. Und ich hoffe auf ein respektables Wahlergebnis für unseren Regierungspartner. Aber die Wunschkoalition ist nach wie vor jene mit den Sozialdemokraten? Drexler: Meine Wahlziele sind schnell umrissen: Ich möchte als Erster durchs Ziel gehen, und meine Präferenz ist es jedenfalls, die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Anton Lang und der steirischen Sozialdemokratie fortzusetzen. Jetzt werden ja gerade im Bund Koalitionsvarianten verhandelt und die Nationalratswahl ist ja nicht lange her. Wie wird sich das auf die Landtagswahl auswirken? Ich weiß, dass sich viele Menschen in diesem Land Sorgen machen, die auf unterschiedliche Weise mit der Migration zu tun haben.“ Drexler: Zuallererst möchte ich wiederholen, dass ich es für falsch halte, dass der Bundespräsident mit der jahrzehntelangen demokratischen Gepflogenheit gebrochen hat, dem Chef der stärksten Partei den Regierungsbildungsauftrag zu geben. Das hat er nicht getan. Natürlich ist die Bundespolitik eine Hintergrundbeleuchtung auch für Landtagswahlen. Ich hoffe aber, dass die Steirer und vor allem die Grazer die konkrete landespolitische Situation in der Steiermark im Fokus haben. Denn ich glaube, unsere Landesregierung hat gut gearbeitet. Gerade in den letzten zweieinhalb Jahren, in denen ich als Landeshauptmann die Hauptverantwortung tragen durfte. Wir haben wesentliche Initiativen bei der Kinderbetreuung, beim Wohnen und letztlich auch bei der Gesundheit sowie bei unserem Beitrag zur Energiewende gesetzt. Sie haben jüngst schärfere Töne im Bereich der Migration angeschlagen. Woher kommt denn diese doch recht plötzliche Härte? Drexler: Ich glaube, es ist zuallererst ein vernünftiger Ton. Ich weiß, dass sich sehr viele Menschen in diesem Land Sorgen machen, die auf unterschiedliche Art und Weise mit der Migration zu tun haben. Da geht es ums Bildungssystem, da geht es ums Gesundheitssystem und da geht es um die Sorge um unsere kulturelle Identität. Und deswegen ist es für mich wichtig, dass einerseits illegale Migration gestoppt wird und andererseits jene, die aus vielen Teilen der Welt zu uns gekommen sind, unsere Werte verinnerlichen. Da geht es um Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Gleichbe-
17. NOVEMBER 2024 www.grazer.at graz 15 rechtigung von Mann und Frau, und es geht um unsere Art, zu leben. Da sind auch vermeintlich kleinere Dinge wichtig, wie „Grüß Gott“ und „Auf Wiederschaun“, „Bitte“, „Danke“, wir reichen einander die Hand, wenn wir einander begrüßen, und so weiter. Ich glaube, dass das allesamt vernünftige Positionen sind. Wie schaut es mit dem Kopftuchverbot für Mädchen aus? Drexler: In der Unterstufe bin ich für ein Verbot. Bei aller Toleranz für religiöse Symbole: Das müssen eigenverantwortlich und selbstständig getätigte Entscheidungen sein. Insofern glaube ich, dass Kopftücher in der Unterstufe der Mittelschule und schon gar nicht in der Volksschule etwas verloren haben. Ein zentrales Motto in diesem Wahlkampf lautet: „Leistung muss sich lohnen“. Ist das in Zeiten von Rezession, wirtschaftlichen Engpässen und Sparkursen überhaupt möglich? Drexler: Wir sollten den Grundsatz verwirklichen: Wer mehr leistet, sollte sich auch mehr leisten können. Das betrifft Arbeitnehmer genauso wie Unternehmer. Wir müssen einfach Leistungsanreize setzen. Anreize für Vollzeitarbeit, Überstunden sollen steuerfrei sein. Jenen, die über das gesetzliche Pensionsantrittsalter hinaus arbeiten wollen, darf man keine Prügel in den Weg schmeißen, sondern denen gehören Anreize gesetzt. Zum Beispiel ist es doch widersinnig, wenn jemand, der dem Pensionssystem zu sparen hilft, dann auch noch weiter Pensionsbeiträge zahlen muss. Und ich glaube, dass der Unterschied zwischen Einkommen aus Erwerbsarbeit und Sozialleistungen größer werden muss. Man muss schauen, dass Sozialhilfe und Sozialunterstützung kein Lebensmodell wird.“ Wo müsste man denn sparen, um das zu finanzieren? Drexler: Da muss man, glaube ich, nirgends sparen. Man muss einerseits Leistungsanreize setzen und zum anderen muss man schauen, dass Sozialhilfe oder Sozialunterstützung kein Lebensmodell wird. Sondern dass wir ein Sozialsystem haben, das für jene da ist, die nicht können, und nicht für jene, die nicht wollen. Da lässt sich sicher an den Schrauben im Sozialunterstützungsgesetz drehen. Wenn wir schon bei der Wirtschaft sind: Wie steht’s denn Ihrer Meinung nach um den Wirtschaftsstandort Graz? Drexler: Ich mache mir Sorgen um den Wirtschaftsstandort Graz. Denn Graz ist das pulsierende Herz des Wirtschaftsstandorts Steiermark. Aber wir haben eine Stadtregierung, für die Wirtschaft nicht im Mittelpunkt des Interesses steht. Insofern kann ich nur meinen Appell wiederholen: Machen wir Graz gemeinsam wieder flott! Denn es kann nicht sein, dass die Stadtpolitik im Stillstand das Allheilmittel sieht. Dazu gehören ja immer zwei. Jetzt schließen Sie aber auf Landesebene eine Zusammenarbeit bzw. Koalition mit der KPÖ aus. Wie soll das funktionieren? Drexler: Wenn ich die Kommunisten von einer Zusammenarbeit auf Landesregierungsebene ausschließe, hat das gute Grüne. Ich glaube, der Kommunismus hat im 20. Jahrhundert ausreichend Leid über diesen Kontinent gebracht. Und die Positionen der steirischen Kommunisten sind auch nur selten mit unseren vereinbar. Aber es braucht eine professionelle Zusammenarbeit zwischen dem Land Steiermark und der Landeshauptstadt Graz. Da haben wir eine Stadtregierung, ob mir die gefällt oder nicht, da sind immer beide Hände ausgestreckt für eine sinnvolle Zusammenarbeit zwischen dem Land Steiermark und der Landeshauptstadt Graz.
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