2 die seite zwei www.grazer.at 16. JÄNNER 2022 E D I T O R I A L von Tobit Schweighofer ✏ tobit.schweighofer@grazer.at Das Christkind weiß, woher es kommt V iel Gutes hat uns die Pandemie ja bislang nicht gebracht. Die Welt ist kleiner geworden, wir werden auf uns zurückgeworfen und nehmen zwangsläufig unser nahes Umfeld stärker wahr. In diesem Punkt hat sich etwas durchaus Positives entwickelt. Dies zeigen die Ergebnisse des heurigen Weihnachtskaufrausches. Die Wirtschaftskammer hat erhoben, dass 21 Prozent, also mehr als jeder Fünfte, ganz bewusst verstärkt in Geschäften in der Umgebung einkaufen wollte. Selbst Gutscheine wurden mit regionalem Anstrich verschenkt. Besonders viele legten ihren Lieben frei nach dem Slogan der Holding „Graz als Geschenk“ unter den Christbaum. Allein im Dezember wurden über 6,6 Millionen Euro an GrazGutscheinen verkauft und damit mehr als im gesamten Jahr 2019 (siehe auch Seite 6). So gesehen ist es wohl kein Zufall, dass sich die regionalen Bauernmärkte derzeit ganz besonderer Beliebtheit erfreuen und an allen Ecken und Enden der Stadt aus dem Boden sprießen. Auf dem Lendplatz sollen jetzt erstmals in der Geschichte zumindest die Gastro-Standln auch am Sonntag geöffnet werden (siehe Seiten 4/5). Damit folgt man dem Trend zur Regionalität und damit einer der rar gesäten guten Seiten dieser Zeit. Gut so! Tobit Schweighofer, Chefredakteur SONNTAGSFRÜHSTÜCK MIT ... Wenn es die Zeit erlaubt, gönnt sich Simon Koiner gerne ein ausgiebiges Sonntagsfrühstück – das hat Tradition. VL STMK ... Simon Koiner Der neue Geschäftsführer der Volkskultur Steiermark über die Lebendigkeit der Kultur, den Wert von Ritualen, Jugend und die Harmonika. Herr Koiner, als Volkskultur-Geschäftsführer: Ist das Sonntagsfrühstück für Sie eine wichtige kulturelle Tradition? Ich denke, ja – es ist in vielen Familien ein schönes Ritual, wo man zusammenkommt, sich austauscht, vielleicht auch die Woche Revue passieren lässt. Für mich ist es, wenn es die Zeit hergibt, eine Gelegenheit, die Zeitung etwas genauer zu durchforsten. Und was kommt auf den Tisch? Wenn ich Zeit habe, ein frisch gepresster Orangensaft, kein Kaffee – eher Tee. Gerne mache ich ein Omelette oder Spiegeleier, im Sommer mit viel Gemüse aus dem Garten. Was bedeutet Volkskultur für Sie selbst? Volkskultur bedeutet für mich Identität, Traditionen zu leben und Rituale zu schätzen. Das alles trägt zu unserem Lebensgefühl, zur Steiermark, wie wir sie kennen, bei und gibt den Menschen Halt – gerade in einer Zeit, in der die Globalisierung voranschreitet und für viele die Geschwindigkeit oft zu hoch ist. Was fällt Ihnen beim Begriff „Volkskultur“ eigentlich als Erstes ein? Lebendigkeit – weil Volkskultur nichts Starres ist. Was mir auch sofort einfällt, ist die Mischung aus Jung und Alt, Bewährtem und Neuem – und die Offenheit, die die Volkskultur für mich ausmacht. Wie sehen Sie Sorgen einiger Menschen, dass bekannte Bräuche aussterben und ersetzt werden? Es gibt einen Spruch vom Volkskundler Hanns Koren: „In erstarrten Formen lässt sich der lebendige Inhalt nicht halten.“ Bräuche verändern sich. Das merkt man, wenn man sie damit vergleicht, wie sie vor 100 Jahren gelebt wurden. Das ist auch der Grund, warum es sie noch gibt, denn wenn das Korsett zu eng ist, passt ein Brauch irgendwann nicht mehr in die Lebensrealität der Menschen. Wie kamen Sie eigentlich zur Volkskultur? Durch meine Arbeit im Büro von Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer. Da wurde ich 2016 damit betraut, die Volkskultur zu übernehmen. Als Stadtkind habe ich die Volkskultur zwar gekannt, bin mit gewissen Bräuchen aufgewachsen, war aber nie wirklich aktiv. Ich habe mich im Thema aber schnell wiedergefunden, habe die Personen und Menschen in den Organisationen und Verbänden kennen und schätzen gelernt – und hab dann auch selbst angefangen, Harmonika zu lernen (lacht). Was schwebt Ihnen in Ihrer Position vor? Für mich ist klar, dass ich unsere Servicefunktion für Verbände stärken möchte, dass wir da noch präsenter werden müssen. Ein Schwerpunkt wird auch auf dem Jugendthema liegen. Es gibt positive Signale, dass sich wieder mehr junge Menschen für die Volkskultur interessieren – und da will ich keine Generation auslassen. Neben dem Harmonikaspielen – welchen Dingen gehen Sie privat gerne nach? Da gibt es natürlich kulturelle Jahreshöhepunkte. Das fängt an beim Neujahrskonzert der Blasmusik, geht über diverse Musikantentreffen in den Regionen bis hin zum Aufsteirern, das natürlich ein Highlight in der Volkskultur ist. Hobbytechnisch mache ich gerne Sport – momentan leider zu wenig (lacht) – und verbringe Zeit in der Natur, sei es beim Garteln oder beim Schifahren. FABIAN KLEINDIENST Simon Koiner wurde 1991 in Graz geboren. Er studier te Rechtswissenschaften an der Universität Graz und war ab 2015 als Referent im Büro von Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer tätig. Dort verantwortete er die Bereiche „Kultur und Volkskultur“ und arbeitete mit der Volkskultur Steiermark GmbH zusammen. Seit 1. Jänner steht er dieser als Geschäftsführer vor. Koiner lebt in Graz.
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