graz 10 www.grazer.at 10. AUGUST 2021 Richter Helmut Wlasak: „Wenn es um Eifersucht geht, ticken die Leute manchmal aus“ INTERVIEW. Der Grazer Richter Helmut Wlasak hat ein Buch geschrieben. In „In Allen Punkten“ erzählt er 30 lustige, kuriose und tragische Fälle und widmet sich der Frage, ob jeder zum Verbrecher werden kann. Richter Helmut Wlasak in seinem Büro. In sei- ner langen Karriere hat er schon tausende Fälle verhandelt. KK Von Julian Bernögger julian.bernoegger@grazer.at Herr Rat, was hat Sie dazu bewegt, ein Buch zu schreiben? Helmut Wlasak: Ich habe eigentlich schon immer geschrieben. Als ich bei der Gendarmerie war, gab es eine Gendarmeriezeitung, beim Pfarrblatt habe ich auch mitgearbeitet. Ich wurde auch sehr oft gefragt, ob es meine Vorträge in Buchform gibt. Die, die mich wirklich gepusht hat, war meine Frau. In der Corona- Zeit habe ich auch etwas mehr Luft gehabt. Dann habe ich mich hingesetzt, es ging eigentlich ruck zuck. Bei der Auswahl bin ich auf hunderte Geschichten gekommen. Dann habe ich auch schnell den passenden Verlag gefunden. Wie sind denn die ersten Reaktionen auf das Buch? Wlasak: Extrem positiv. Es soll ja nicht das literarische Werk sein, sondern ich wollte auf die Absurdität und die menschlichen Schicksale hinweisen, die man in jedem Akt hat. Ein Leser schrieb: „Mich haben diese Kurzgeschichten massiv zum Überlegen gebracht.“ Die Leute denken nach, darum geht es. Weiter geht‘s auf der nächsten Seite! Jetzt sichern! limitierte Tages-Tickets TAGESWELLNESS IN BAD WALTERSDORF! Weil das Gute so Nahe liegt. DAY SPA STYRIA ~ Eintritt in die Pool- und Wellnesswelt ~ Heilthermalwasser und Saunalandschaft ~ reservierte Liege mit Panorama-Blick ~ Bademantel, Handtücher, Flip-Flops ~ 15 Prozent auf Ihre SPA Behandlung ~ Aktivprogramm ~ € 12 Gourmet Gutschein ~ kurze Anreise ab € 49,00 pro Person www.sparesortstyria.com Für alle die länger entspannen möchten, gibt‘s unser 30% Special ab einem Aufenthalt von 3 Nächten! SRS_der Grazer_08.August_END.indd 1 03.08.2021 10:36:46
10. AUGUST 2021 www.grazer.at graz 11 In dem Buch geht es auch darum, dass sich viele Menschen plötzlich auf der Anklagebank finden, die damit niemals gerechnet hätten. Kann jeder Mensch zum Verbrecher werden? Wlasak: Das ist eine heftige Frage, die man wahrscheinlich einem Psychologen oder Psychiater stellen sollte. Die sagen durchaus. Wenn jemand mit einer völlig überraschenden oder unvorhergesehenen Situation konfrontiert wird. Gerade wenn es um Eifersucht geht, ticken die Leute manchmal aus. Ein brutales Beispiel, ein Mann hat seine Frau beim Geschlechtsverkehr mit seinem besten Freund erwischt. Der hat den umgebracht. Da habe ich schon wilde Fälle gehabt. Bei meinem Vorträgen stelle ich den Leuten auch immer die Frage „Sind sie käuflich?“ Stellen Sie sich vor, Sie sind arbeitslos, es ist kein Geld da, Sie haben Kinder oder welches Motiv auch immer. Wieviel Geld müsste man Ihnen anbieten, damit sie fünf Kilo Kokain von Graz nach Wien transportieren. In ein paar Stunden sind Sie wieder zuhause und sie verdienen 5000 Euro. Ich glaube, gewisse Dinge können fast jedem passieren. Ein Leser hat mir geschrieben: „In einer Ausnahmesituation kann auch ich mir durchaus vorstellen, zum Täter zu werden.“ Von der Oma, die für ihren Enkel Maschinengewehre schmuggelt, über Frauen, die Gartenzwerge stehlen bis hin zum Doppelmord. Die Bandbreite der Fälle, die Sie erzählen, ist groß. Welche Geschichte ist denn die außergewöhnlichste? Wlasak: Das habe ich mich auch gefragt. Die, bei der ich schon sehr nahe am Wasser gebaut bin, ist „Die einzige ruhige Nacht“. Da hat eine Mutter ihre behinderte Tochter umgebracht und wollte auch sich selbst töten. Solche Fälle habe ich mittlerweile dreimal gehabt. Das geht richtig rein. Das war heftig. Welche Fälle gehen Ihnen denn besonders nahe? Wlasak: Eine Geschichte, die habe ich noch nicht aufgeschrie- ben. Da gab es einen Fall, da hat sich ein siebenjähriges Kind selbst umgebracht. Erschossen, mit dem Gewehr vom Vater. Er hatte immer Kopfschmerzen und hätte einige Tage später zu einer Untersuchung ins Krankenhaus gehen sollen, davor hatte er wahrscheinlich so große Angst. Die Fälle, die mir besonders nahe gehen, sind meist Tötungsdelikte. Ich habe hier am Landesgericht schon 65 Mord- und Mordversuchsakten miterlebt. Wer sollte ihr Buch lesen? Wlasak: Grundsätzlich Leute die es interessiert. Aber auch vielleicht jemand der sagt, ihn interessiert das Thema gar nicht. Weil es ihn wahrscheinlich doch dazu bringt, dass er dankbar durchatmen kann, dass er mit allen diesen Dingen nichts zu tun hat. Dass er auch weiß, das Leben kann ganz anders sein. Die meisten Fälle spielten sich am Grazer Landesgericht für Strafsachen ab. KK
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